Lucia Kilger: cyrcyre  – Mitschnitt aus dem E-Werk, 28/07/2021.

26/07/2021 Kurhaus Titisee
28/07/2021 E-Werk Freiburg

Alexander Schubert
Point Ones (2012)

Ria Rehfuß
lauf, Zeit! (2021, UA)

Lucia Kilger
cyrcyre (2021, UA)

Brigitta Muntendorf
abschminken (2012; Videokünstler: Jürgen Palmer)

Clemens K. Thomas
Stories (2021, UA; Sprecher: Benjamin Stedler)

Clemens K. Thomas: Stories – Mitschnitt aus dem E-Werk, 28.07.2021.

Friederike Scheunchen - Musikalische & künstlerische Leitung
Lucia Kilger - Komposition, Klangregie & künstlerische Leitung
Clemens K. Thomas - Komposition & künstlerische Leitung
Ria Rehfuß - Komposition, Performance & Dramaturgie
Cornelius Reitmayr - Visual Design
Paul Ebert - Projektmanagement


Eine Produktion von zeug und quer e. V.
in Kooperation mit dem E-Werk Freiburg.
„Einander dich (und nicht ‚sich‘) berühren“(Jean-Luc Nancy) Die angenehme Nähe dieser „Dich“-Berührung und des „Mich“-Berührtwerdens fehlt…
Fotos: Merlin Blumenschein
Oberflächen, Abstände, Veränderungen
02. April 2020: Die Tagesschau sendet einen Beitrag über einen Bundeswehreinsatz zur Pandemie-Bekämpfung. 50 Soldaten testen in einem Versuchsaufbau eine „Tracking App“, die im Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus zum Einsatz kommen soll. Auf den Boden sind mit Tape farbige Muster geklebt. Die Soldaten, in Uniform, mit OP-Maske und ebenfalls mit bunten Tapes beklebt, schreiten die Formen ab und bleiben stehen, wenn sie auf ein Tape-Kästchen treten. Am Ende des Beitrags sagt der Nachrichtensprecher: „Nach Angaben der Entwickler habe man verhindern wollen, dass – so wie in China oder anderen Ländern Asiens – Apps zum Einsatz kommen, die Personen auch wirklich identifizieren und tracken.“
Die Pandemie hat unsere Körperlichkeit verändert: Berührung, Kontakt und erlernte Rituale wurden zum Problem. Nonverbale Kommunikation über Mimik wird von einer Maske verdeckt. Das Projekt sur:face stellt diese (neue) Körperlichkeit ins Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung. Drei Uraufführungen und zwei bereits bestehende Ensemblewerke thematisieren die Beziehung und mitunter den Widerspruch zwischen Innen und Außen, zwischen hygienisch verdeckter Haut und unter die Haut gehenden Emotionen.
„Bitte Abstand halten!“ Wie oft haben wir diesen Imperativ in de letzten eineinhalb Jahren gelesen? Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass wir Unwohlsein oder zumindest eine Irritation empfinden, wenn wir in Filmen (oder Fußballspielen) dicht gedrängte Menschenmassen sehen. Die Pandemie hat den öffentlichen Raum und auch dessen Wahrnehmung und Gestaltung durch die Gesellschaft, das heißt: durch die den öffentlichen Raum konstituierende Öffentlichkeit, verändert.
Und auch der private Raum hat sich verändert. Mit sich selbst konfrontiert sein, alleine oder sogar einsam sein – dieses weite Themenfeld der Isolation, der Selbstzweifel und Identitätssuche hinter der (sozialen) Maske zieht sich durch alle Stücke. Wer bin ich in Gesellschaft und wer bin ich ohne die mich umgebende Gruppe?
Schließlich hat die Pandemie auch unseren Umgang mit Technologie verändert und Digitalität (als technologiebasierte Verbindung zwischen Menschen) befördert. Die Vorstellung, dass eine App ihre Daten mit einer Bundesbehörde teilt, ängstigt über 25 Millionen User der Corona-Warn-App nicht – oder zumindest weniger als ein potenzieller „Risikokontakt“. (Direkt nach „Corona Warn App Nutzer“ schlägt Google übrigens die Suchanfrage „Corona Warn App nutzlos“ vor.) Wir sind in ständiger Interaktion mit unseren technischen Geräten, die ihrerseits ständig Daten senden, die unser Nutzungsverhalten „optimieren“ sollen.
Seitdem die WHO am 11. März 2020 Covid-19 als Pandemie eingestuft hat, ist einige Zeit vergangen. Pandemische Zuständigkeiten seit Ewigkeiten – oder doch, gefühlt, ein einziger Ausnahmezustand ohne zeitliche Fixpunkte? Die Pandemie hat unsere Zeitwahrnehmung verändert. Die Erinnerungen sind verschwommen, es fällt uns schwer sie chronologisch einzuordnen. Irgendwie war alles ziemlich lang. Auch ziemlich langatmig. Passiert ist nicht so viel – und doch gab es jeden Tag sich überschlagende Medienberichte, Breaking News! Im Moment wird berichtet, dass noch nichts entschieden wurde…
Clemens K. Thomas
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